Sinai - Berg der Berglehre - Golgota

"5:17 Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen. 5:18 Amen, das sage ich euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird auch nicht der kleinste Buchstabe des Gesetzes vergehen, bevor nicht alles geschehen ist. 5:19 Wer auch nur eines von den kleinsten Geboten aufhebt und die Menschen entsprechend lehrt, der wird im Himmelreich der Kleinste sein. Wer sie aber hält und halten lehrt, der wird groß sein im Himmelreich. 5:20 Darum sage ich euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen."

(© 1980 Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart)

 

Jesus bezieht sich in der Bergpredigt immer wieder auf das Gesetz und die Gebote und meint damit nicht nur den Dekalog, sondern die gesamte Tora (5 Bücher Mose / Pentateuch), die bis heute Grundlage der Lebensführung des frommen Juden ist. Jesus will die Tora nicht abwerten oder gar beseitigen, sondern zur Erfüllung führen.
Mattäus stellt daher 

dem Sinai des AT 

den Berg der Bergpredigt gegenüber. 

Golgota (als dritter "Berg") und die Auferstehung Jesu stehen  als Bestätigung
der Berglehre.

 

Sinai – Offenbarungsberg Jahwes

In der hebräischen Bibel (AT, Erstes Testament) finden sich zur Beziehung zwischen Jahwe und Sinai zwei Grundmodelle: Einerseits reden vor allem sehr alte Texte davon, dass Jahwe vom Sinai aufbricht, um zu seinem Volk zu kommen. Hier gilt also die Sinaihalbinsel oder ein Gebiet auf ihr als "Heimat Jahwes" (Ri 5,4 f "Siegeslied der Debora"; Ps 68,8-11; Dtn 33,2 "Mosesegen"). Andererseits erzählen vor allem jüngere Texte sehr betont darüber, dass Jahwe zum Sinai kommt, um dort seinem Volk zu begegnen, d. h. Sinai ist hier ein besonderer Berg, der als "Offenbarungsberg Jahwes" beschrieben wird (Ex 19,16-25; Ex 20, 18-21; Dtn 4,10-13; Dtn 5,2-5; Dtn 5,22-26).

Die Bibelwissenschaft hält die alttestamentlichen Erzählungen von der Offenbarung des Dekalogs heute kaum noch für den Niederschlag eines ehemaligen Ereignisses. Die Erzählungen von den „10 Geboten“ wollen nicht bezeugen, dass Jahwe irgendwann einmal in der Sinaiwüste diese Gebote geoffenbart hat, sondern dass Jahwe in diesen Geboten als der Gott bei seinem Volk sein will, der Freiheit, Rettung und Leben bewirkt. Der Dekalog ist in der überlieferten Form kein Text aus der Zeit des Mose, sondern stammt aus der Königszeit und ist erstmals wohl in Jerusalem (im 8. oder 7. Jahrhundert vor Christus ?) aufgeschrieben worden als Zusammenfassung der vielen überlieferten Weisungen, die im Laufe einer mehrhundertjährigen Glaubensgeschichte prophetische Männer und Frauen in der Vollmacht Jahwes formuliert hatten. Hierbei gibt es eine ältere Fassung, die in Dtn 5,6-21 vorliegt und eine jüngere, die dann in der Zeit des babylonischen Exils in das Buch Exodus (Ex 20,2-17) aufgenommen wurde.

Der Offenbarungsberg wurde erst „Berg Sinai“, dann im 7./6. Jahrhundert v. Chr. „Horeb“ (d.h. Wüstengebiet) genannt, wohl um eine mögliche Verbindung zum assyrischen Mondgott „Sin“ zu vermeiden, und schließlich „Berg in der Wüste Sinai“ (Ex 19,1). Er lässt sich nicht lokalisieren. Eine solche geographische Festlegung eines ganz bestimmten Berges als des biblischen Mosesberges erfolgte erst in christlicher Zeit.

Israel versteht das eigene Recht nicht nur als ein von Gott (nicht von Königen!) gegebenes (theonomes) Recht, sondern verbindet es traditionell mit einem bestimmten Punkt seiner früheren Geschichte, nämlich mit der Übergabe der Tora an Mose am „Gottesberg Sinai / Horeb“ durch Gott. Dabei ist durchaus bekannt, dass in den altisraelitischen, vorexilischen Texten (Dtn 26,5b-9) jegliche Erwähnung des Sinai in Verbindung mit der Übergabe des Gesetzes fehlt und auch an anderer Stelle (Ri 5,5; Ps 68,9; Dtn 33,2) Jahwe lediglich „als der vom Sinai“ (tituliert) „vom Sinai gekommen“ ist. Nicht das Volk geht zum Berg Sinai, sondern Gott kommt vom Sinai. Auch wenn in 1 Kön 19 der Prophet Elia an den Sinai flieht und klagt, um von Gott Hilfe zu erlangen, besteht keinerlei Verbindung zu einer Übergabe oder Setzung von Recht. Aber es gibt hier einen anderen Bezug: Es besteht nicht nur eine Verbindung zwischen dem Sinai und der Anwesenheit Gottes, sondern der Gottesberg ist stets die Stelle, von der in jedem Fall die göttliche Rettung ausgeht. Dabei ist es unerheblich, ob Gott selbst sich aufmacht oder ob der Mensch zu Gott kommt. Diese Darstellung des Berges Sinai gleichsam als rettende Insel ist der Bezugspunkt zur Tora hin: Die Tora als Weisung für den Menschen wird verstanden als ein Akt der Rettung durch Jahwe. Von daher ergibt sich (für die priesterlichen Redaktoren) der gedankliche Bezug auch zu Mose (Ex 3f: brennender Dornbusch auf dem Sinai und Beauftragung des Mose). Erst in Ex 32 und 34 erhält Mose direkt von Gott auf dem Sinai die steinernen Tafeln, auf denen das Gottesrecht schriftlich festgehalten ist. Hier treten Gott, Gottesberg und Gesetzgebung durch Gott mit dem Mittler Mose zum ersten Mal in einen klaren Zusammenhang. Der Dekalog auf den steinernen Tafeln und das Stierbild ("goldenes Kalb" - Apiskult) stehen sich hier im Gesamtzusammenhang auch des Auszugs aus Ägypten gegenüber: Es geht um die Einhaltung des göttlichen Gesetzes und des göttlichen Kults. Nur durch die Befolgung der Weisungen Gottes ist eine Rettung und eine Zukunft des Volkes Israel mit Gott möglich.

 

Der Berg der Berglehre

Während Lk die Worte Jesu in der "Feldrede" bzw. im sog. lukanischen Reisebericht bringt, siedelt Mattäus die "Rede" Jesu bewusst auf einem Berg an und stellt so den Berg der Berglehre dem Gottesberg Sinai / Horeb gegenüber. Er stellt damit die Bergpredigt in Analogie zur Gesetzgebung am Sinai. Hat Mose auf dem Gottesberg zum Heil des Volkes Israel die Weisungen Gottes empfangen, so werden nunmehr durch die (Berg-) Lehre Jesu diese Weisungen Gottes zur Erfüllung geführt. Mattäus kennzeichnet damit Jesus als den neuen Mose.

 

Golgota

"Mt 27:31b Dann führten sie Jesus hinaus, um ihn zu kreuzigen. 27: 32 Auf dem Weg trafen sie einen Mann aus Zyrene namens Simon; ihn zwangen sie, Jesus das Kreuz zu tragen. 27:33 So kamen sie an den Ort, der Golgota genannt wird, das heißt Schädelhöhe."

Der Name Golgota rührt her von der schädelähnlichen Rundung des Geländes, das noch heute von den Arabern "er-ra's" - "der Kopf" genannt wird. Golgota lag zur Zeit Jesu außerhalb der Stadt Jerusalem, in der Nähe befanden sich Gärten. An verschiedenen Stellen waren Grabkammern aus dem Fels gemeißelt worden. Auf dem "Berg" Golgotha wird Jesus schließlich gekreuzigt, dort wird er auch begraben. Wäre Golgota die letzte Station Jesu, dann wäre er nichts weiter als ein gescheiterter Idealist und die Berglehre wäre eine unter vielen moralischen Appellen, die die Menschheit schon hervorgebracht hat. Das Osterereignis mit der Auferstehung Jesu ist jedoch die Bestätigung des Bergpredigers und der Bergpredigt. Durch Ostern erhält die Bergpredigt ihre Bedeutung und Verpflichtung.

 

 

Der Berg des AT Der Berg des NT
der Gottesberg Sinai / Horeb der "Berg" der Bergpredigt
Mose Jesus
zentraler Vorspruch: 
Seligpreisungen (Heilszusage durch Ankündigung des Gottesreiches)
zentraler Vorspruch: 
Erinnerung an die befreiende Tat Gottes beim Exodus
Dekalog Berglehre
zentrale Glaubensurkunde des Judentums zentrales Modell zur Gestaltung christlichen Lebens
das rechte Handeln des Menschen (äußere Werke) die rechte Grundeinstellung des Menschen

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