"Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden" (Mt 5,9)

 

Die neun Seligpreisungen bei Mattäus gliedern sich zunächst in zwei Strophen mit jeweils vier aufeinander folgenden Seligpreisungen. 

Im 1. Abschnitt (Mt 5,3-6) geht es um das Ertragen schwieriger Lebensumstände, 

im 2. Abschnitt um die Bewährung im alltäglichen Verhalten (Mt 5,7-10). 

Darauf folgt ein dritter Abschnitt (Mt 5,11-12) mit der Seligpreisung der Verfolgten, der sich auch formal unterscheidet: Die Anredeform wechselt von der 3. Person zur direkten Anrede in der 2. Person Plural ("ihr").

Die Seligpreisung der Friedensstifter findet sich im zweiten Block des Textes. Es geht nicht mehr um das Erleiden einer schwierigen Situation, sondern um eine vorbildhafte Verhaltensweise, um richtiges Handeln: nämlich Frieden stiften.

Jesus preist nicht selig die Friedfertigen, sondern die Friedensstifter (gr. eiränopoioi, lat. pacifici), also die Menschen, die Frieden aktiv bewirken.

 

Die Hoffnung auf Frieden und die Mahnung zum Frieden war im Judentum weit verbreitet. Der weltweite Schalom Gottes wird im AT mit dem Kommen des Messias in Verbindung gebracht.

Bei Jesaia 9,5 heißt es: "Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter; man nennt ihn: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens."

Und bei Sacharja 9,9f: "Juble laut, Tochter Zion! Jauchze Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütig und reitet auf einem Esel, auf einem Fohlen, einem Jungen einer Eselin. Ich vernichte die Streitwagen aus Efraim und die Rosse aus Jerusalem, vernichtet wird der Kriegsbogen. Er verkündet für die Völker den Frieden; seine Herrschaft reicht von Meer zu Meer und vom Eufrat bis an die Enden der Erde."

Neu ist bei Mattäus: Die, welche den Frieden aktiv gestalten, werden Söhne Gottes genannt. Die Gottessohnschaft, die Zugehörigkeit zum Reich Gottes, ist hier eng an die Bereitschaft gebunden, mit Freund und Feind Frieden zu schaffen.

Die Seligpreisungen der Bergpredigt sind Ausdruck der Überzeugung, dass das

Reich Gottes

mit dem Kommen Jesu angebrochen und erfahrbar ist. Eine von Gott gewirkte, paradox erscheinende Wende ist angesagt. Die in Aussicht gestellte Besserung der Zustände resultiert aber letztlich nicht aus dem Tun des Menschen, sondern ist von Gott verheißen, ist Geschenk Gottes, realisiert im Reich Gottes. Der Mensch ist jedoch aufgefordert, seinen Beitrag zur weiteren Verwirklichung des Gottesreiches zu leisten. Die Seligpreisungen sind daher nicht billige Vertröstungen. Das Reich Gottes ist schon im Keim da, ohne Bedingungen und Vorleistungen, als Geschenk Gottes.

 

Das Reich Gottes 

(gr. basileia tou theou)
stellt also dar

 

eine gegenwärtige und zukünftige Größe:
Es ist mit Jesu Kommen angebrochen, findet seine Vollendung aber erst am Ende der Zeiten, das nahe bevorsteht und einen neuen Äon einleitet.

eine diesseitige und jenseitige Größe:
Es ist die organisierte Gemeinschaft aller Menschen, die den Willen Gottes ausführen wollen. Es ist aber gleichzeitig der transzendente Bereich Gottes, in den die Menschen erst mit dem individuellen Tod bzw. am Ende der bestehenden Welt eingehen.

eine äußere und innere Größe:
Die Mitgliedschaft im Reich Gottes zielt auf Aktion: Erneuerung der Welt. Gleichzeitig besteht diese Mitgliedschaft in der inneren Bereitschaft des einzelnen, nach dem Willen Gottes zu leben.

ein Geschenk Gottes und eine Leistung des Menschen:
Die Gründung des Reiches Gottes und die Aufnahme in dieses Reich sind freie Geschenke Gottes, die Menschen hätten darauf keinen Anspruch und hätten durch eigene Leistung dieses Reich Gottes nicht herbeiführen können. Der Mensch ist aber dazu aufgerufen, an der Ausbreitung und Vollendung des angebrochenen Gottesreiches mitzuwirken.

 

 

In seinem Buch "Frieden ist möglich" hat der Journalist Franz Alt (1985) Schritte genannt, wie die Bergpredigt im täglichen Leben und in der Politik umgesetzt werden kann. Konkret wird diese Umsetzung:

im Abbau von Vorurteilen.

im Bemühen, den anderen zu verstehen.

in der Erkenntnis, dass auch Andersdenkende Kinder des einen Gottes sind.

im Überbrücken, nicht im Übertünchen von Gegensätzen.

in einer Feindesliebe, die den Mut zum ersten Schritt besitzt.

 

Der evangelische Theologe Jörg Zink nennt in seinem Buch "Wie übt man Frieden" (1982) sechs Regeln:

Verzichte auf Schlagworte und Feindbilder!

Sei bereit, dich selbst zu ändern!

Schaffe Vertrauen zwischen dir und dem anderen!

Versuche, den anderen so genau wie möglich zu verstehen!

Gestatte dem anderen kleine Schritte!

Lass das Gespräch auch dann nicht abreißen, wenn sich der Friede nicht einstellen will!

Dies ist sicher geeignet, Frieden unter den Menschen zu stiften.

 

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