Die Warnung Jesu vor dem Reichtum

 

"Mt 6:19 Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen, 6:20 sondern sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören und keine Diebe einbrechen und sie stehlen. 6:21 Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. 6:22 Das Auge gibt dem Körper Licht. Wenn dein Auge gesund ist, dann wird dein ganzer Körper hell sein. 6:23 Wenn aber dein Auge krank ist, dann wird dein ganzer Körper finster sein. Wenn nun das Licht in dir Finsternis ist, wie groß muss dann die Finsternis sein! 6:24 Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den andern lieben, oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon."

© 1980 Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart


Neben Feindesliebe, Gewaltverzicht, Versöhnung fordert Jesus im Verhältnis zu Besitz und Reichtum eine einschneidende Korrektur. Doch wie weit ist er hierbei gegangen? Betrachtet er angesichts der nahenden Gottesherrschaft jegliche Form des Reichtums als verwerflich, hinderlich, böse, oder geht es ihm eher darum, die Besitzenden auf ihre soziale Verpflichtung aufmerksam zu machen?

Jesus selbst lebte, nach der Trennung von seiner Familie, mittellos und seine Jünger hielt er zu Bedürfnislosigkeit an. Es gab in seiner näheren Umgebung aber auch Besitzende. Die Familie des Simon Petrus hat ihr Haus in Kafarnaum nicht aufgegeben. Frauen, Jüngerinnen unterstützten ihn mit ihren finanziellen Möglichkeiten (Lk 8,3; 10,38). Und es wird weder bei Levi (Mk 2,15) noch bei Zachäus (Lk 19,8) erwähnt, dass sie ihren ganzen Besitz aufgeben.

In vorliegendem Logion verweist Jesus zunächst anschaulich auf Besitztümer wie kostbare Gewänder, die von Motten zerfressen werden, und auf Truhen, in denen Hab und Gut aufbewahrt und die vom Wurm zernagt werden. Antithetisch stellt er dem den "Schatz im Himmel" gegenüber. Er nimmt damit eine herkömmliche Redewendung auf: Wer "Gerechtigkeit" übt, erwirbt sich einen Schatz im Himmel. Gerechtigkeit (hebr. Zedaka) meint Wohltätigkeit. Die Vorstellung ist: Das als Almosen weggegebene Geld wird gleichsam in himmlischen Schätzen wieder erstattet. Doch Jesu Wort geht darüber hinaus. Es geht ihm erneut um die Lauterkeit des Herzens. Die Gesamtrichtung des menschlichen Strebens ist gemeint. Woran hängt das Herz des Menschen, am Irdischen und Vergänglichen oder an dem, was darüber hinaus Bestand hat? Beim "Schatz im Himmel" ist also wiederum an das Reich Gottes gedacht.

Das unbedingte "Entweder - Oder" wird an zwei Gleichnissen illustriert. Die wörtliche Übersetzung "gutes / gesundes Auge" meint im Hebräischen "Wohlwollen, Gutmütigkeit", die wörtliche Übersetzung "böses / krankes Auge" meint "Neid, Missgunst".  Also: "Wenn du wohlwollend bist, so wird dein ganzer Leib von Licht erfüllt, wenn du neidig und missgünstig bist, so wird dein ganzer Leib verfinstert." Das zweite Gleichnis beruht auf dem damals bestehenden Recht, demzufolge ein Sklave zugleich zwei Herren gehören konnte. Das führte zu Unzuträglichkeiten. Das hebräische Begriffspaar "hassen" - "lieben" bedeutet eigentlich "bevorzugen" bzw. "hintansetzen, benachteiligen". Also: "Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen bevorzugen und den anderen hintansetzen, oder er wird zu dem einen halten und den anderen verachten. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon."

Der als Fremdwort beibehaltene Begriff Mammon ist an sich noch nicht negativ besetzt, hat aber eine festgeprägte Bedeutung: Besitz, Habe, Luxus. In Antithese zu Gott erscheint der Mammon als Götze. Mammonsdienst ist Götzendienst. Die Faszination, die von ihm ausgeht, vermag den Menschen völlig in Beschlag zu nehmen und vor allem ihn Gott vergessen und sich gar gegen ihn stellen zu lassen.

Nach Mt 19,21 ist die Preisgabe des Besitzes die Bedingung der Vollkommenheit: "Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkaufe deinen Besitz ..." Zwar ist das an den reichen Mann ergehende Wort für diesen verpflichtend, aber nicht von genereller Natur. Jesus hat Besitzverzicht nicht generell gefordert, Besitz und Reichtum nicht an sich als etwas Verwerfliches angesehen. Er hat aber eindringlich vor den Gefahren des Reichtums gewarnt, der den Menschen verstricken kann, so dass er den eigentlichen Sinn seines Lebens verfehlt. Jesus denkt und urteilt auf den Menschen hin. Nicht der Besitz, das Geld, der Reichtum an sich sind böse, aber der Umgang mit ihnen verleitet zum Bösen, zum skrupellosen Egoismus und dazu, den Armen zu vergessen.

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