Ein
späterer geistiger Nachfahre der religiösen Bewegungen der Reformationszeit
ist das Quäkertum, die Society of Friends, wie sich die Quäker selbst nennen.
Die Gemeinschaft wurde Mitte des 17. Jahrhunderts von George Fox in
England gegründet. Wegen religiöser Verfolgungen wanderten viele Quäker nach
Nordamerika aus, wo William Penn in der Kolonie Pennsylvania eine Freistatt für
sie und andere Sektenangehörige schuf.
Heute gibt es in Großbritannien und den USA ca. 200.000 Quäker. Wie die
Hutterer sind sie Pazifisten und verwerfen den Eid, trotzdem isolieren sie sich
nicht von der Welt wie die Mönche oder die Hutterer. Nach dem 2. Weltkrieg
veranstalteten besonders die amerikanischen Quäker Hilfsaktionen in den
notleidenden Gebieten Europas. Viele deutsche Kinder wären in der
Nachkriegszeit ohne die sog. Care-Pakete (Cooperative for American
Relief to Europe ) kaum am Leben geblieben. Für ihre Friedensbemühungen
erhielten die Quäker 1947 den Friedensnobelpreis.
Freilich hat es zu allen Zeiten Christen gegeben, die die Bergpredigt wörtlich genommen haben, d. h. so wie sie gemeint war. Sie kamen damit fast von selbst in die Lage der Jünger, an die die Predigt seinerzeit gerichtet war: die Lage einer machtlosen Minderheit. Sie haben aber in vielen Fällen durch die Tat zu beweisen vermocht, dass ein solches Leben möglich ist. Ich nenne nur ein Beispiel, das ich aus eigener Anschauung kenne, die Ouäker. Sie durften nicht töten; so traten sie in Amerika den Indianern waffenlos gegenüber und hatten hundert Jahre - nämlich solange sie die politisch entscheidende Mehrheit in Pennsylvania bildeten - Frieden mit den Indianern. Sie durften nicht schwören; so konnten sie keinen Fürstendienst leisten. Sie durften nicht lügen; so durften sie als Kaufleute nur den Preis nennen, den schließlich zu zahlen oder zu fordern sie entschlossen waren; als Erfinder des festen Preises wurden manche von ihnen reich. Ihre Erfolge sind also nachträglich rational erklärbar und wie alles rational Erklärbare begrenzt. Das Land um Philadelphia war ihnen vom englischen König zugewiesen, der dem Vater von William Penn Geld schuldete; den Indianern brachten sie europäische Güter, aber am Ende gehörte das Land den Weißen. Aber ihr Motiv war nicht die Rationalität, sondern der Glaube, und sie bewiesen durch die Tat, dass ein Leben gemäß den Worten Jesu möglich ist. Wer die Werke des heutigen Friends Service Committee kennt, kann sie nur bewundern.
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