Gedenke des Sabbats,
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Die biblische Überlieferung |
Ex 20,8 - 11 |
Dtn 5,12 - 15 |
8 Gedenke des Sabbats, um ihn zu heiligen, | 12 Bewahre den Sabbat, um ihn zu heiligen, |
wie es dir Jahwe, dein Gott zur Pflicht gemacht hat. | |
9 Sechs Tage sollst du arbeiten und jede Arbeit tun. | 13 Sechs Tage sollst du arbeiten und jede Arbeit tun. |
10 Der siebte Tag aber ist Sabbat für Jahwe, deinen Gott. An ihm sollst du keine Arbeit verrichten, du und dein Sohn und deine Tochter |
14 Der siebte Tag aber ist Sabbat für Jahwe, deinen Gott. An ihm sollst du keine Arbeit verrichten, du und dein Sohn und deine Tochter |
dein Sklave und deine Sklavin | und dein Sklave und deine Sklavin |
und dein Rind und dein Esel | |
und dein Vieh | und dein ganzes Vieh |
und dein Fremder innerhalb deiner Stadttore, | und dein Fremder innerhalb deiner Stadttore, |
damit sich ausruhe dein Sklave und deine Sklavin wie du. | |
11 denn in sechs Tagen hat Jahwe Himmel und Erde, Meer und alles, was darin ist, gemacht. Aber er ruhte am siebten Tag. | 15 Gedenke, dass du im Lande Ägypten Sklave warst, und dass dich Jahwe, dein Gott, herausgeführt hat mit starker Hand und ausgestrecktem Arm. |
Deshalb hat Jahwe den Sabbattag gesegnet und ihn für heilig erklärt. | Deshalb hat Jahwe, dein Gott, dir geboten, den Sabbattag zu halten. |
Unsere
Zeiteinteilung nach Jahren und Monaten richtet sich nach der Sonne bzw. dem
Mond. Sie entspricht einem in der Natur zu findenden Rhythmus und ist in
der Naturordnung begründet. Die Woche
dagegen entspricht keinem Zeitablauf in der Natur. Weder die Sonne
noch der Mond oder die Sterne zeigen sie an, keine biologische Uhr weist
auf sie hin. Sie rührt vom jüdischen Sabbat her. Aber
gerade die Wocheneinteilung erscheint uns als geradezu
selbstverständlich und, ungeachtet ihrer
"Unnatürlichkeit", einer natürlichen Ordnung entsprechend. Ein
bemerkenswerter Sachverhalt.
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Auch der Kalender der Babylonier weist ein "schabattum /
schapattum" auf. Gemeint ist damit das Fest am 15. Tag im Mondmonat, also
am Vollmondtag. Feiertage am 1. Tag des Monats (Neumond) und am
15. Tag (Vollmond) sind in vielen vorderorientalischen Kulturen gegeben.
So kennt auch die kanaanäische Religion regelmäßige besondere Opfer
an den Neumond- und Vollmondtagen. Ob dieser mesopotamische "schabattum" direkter Vorläufer des jüdischen
Sabbat ist, ist jedoch nicht geklärt.
Oder bei Jes 1,13 f:
Diese Zusammengehörigkeit von Neumond und Sabbat würde demnach besagen, dass zur Zeit dieser Propheten (also im 8. Jh. v. Chr.) das Wort Sabbat den letzten Tag im Mondmonat (Leermond) bezeichnet. Daraus ergibt sich:
Der Rhythmus von 6 + 1Auch der Rhythmus "6+1" findet sich anderswo in den vorderorientalischen Kulturen. In Kanaan gab es beispielsweise die Landbrache im siebten Jahr. Diese beruhte wohl auf der Vorstellung, dass nach sechs Jahren zur Erreichung der "Fülle" - das ist im Semitischen die symbolische Bedeutung der Zahl 7- eine Regeneration des Bodens erforderlich ist. Auch für Israel war im Bundesbuch festgeschrieben:
(Zum Sabbatjahr vergleiche auch Neh 10,32; Josephus, Jüdische Alterümer, Buch 14, Kap. 10, Abs. 6; ders. Buch 14, Kap. 16, Abs. 2; ders. Buch 16, Kap. 1, Abs. 2.) Wohl als unmittelbare Fortsetzung dieser sozial motivierten Landbrache findet sich in den ältesten Gesetzessammlungen (Bundesbuch, wohl 9. Jh. v. Chr.) dann die Ruhetagsregelung, die eine Arbeitsruhe am siebten Tag mit der Absicht verlangt, dass alle Arbeitenden bis hin zu den Arbeitstieren ausruhen dürfen.
Eine solche Ruhetagsregelung hat auch ein Äquivalent in altorientalischen Arbeitsverträgen, doch ist damit noch nicht eine durchgängige Zeitstruktur vorgegeben. Diese Regelungen betreffen lediglich die Arbeitenden während der Zeit der Arbeitsphasen. Wenn in Ex 34,21 steht: "Sechs Tage sollst du arbeiten, am siebten Tag sollst du ruhen, zur Zeit des Pflügens und des Erntens sollst du ruhen", bedeutet dies, dass speziell in dieser Zeit der benannte Rhythmus einzuhalten ist als soziale Leistung gegenüber den Arbeitenden. Daraus ergibt sich während der Feldarbeitszeit ein Wochenrhythmus. Denkbar ist, dass das "Wochenfest" (Schawuot) am Abschluss dieser Periode von daher seine Bezeichnung hat. Die Bezeichnung Sabbat jedoch erscheint in diesem Zusammenhang nicht. In Dtn 5, der älteren Dekalogfassung aus vorexilischer Zeit (Beginn des 6. Jh. v. Chr.), findet sich dann jedoch eine Synthese. "Der siebte Tag aber soll ein Sabbat sein." (Dtn 5,14). Hier also wird nunmehr
Damit ist nicht nur der "Wochen-Sabbat", sondern ein Rhythmus als Zeitmaß vorgegeben, der nicht begründet ist mit der Naturordnung, sondern in einem heilsgeschichtlichen Ereignis aus der Geschichte Israels: der Befreiung vom Sklavendasein in Ägypten.
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Die verborgene Schöpfungsordnung der priesterschriftlichen AutorenDas Zeitbewusstsein des Wochensabbats ist Grundlage der Schöpfungsvorstellung dann in Gen 1,1 - 2,4a. Der Erschaffung des Raumes in Gen 1,6-8 geht als erstes Schöpfungswerk Gottes die Erschaffung der Zeit voraus.
Hier wird durch Gott nicht das Sonnenlicht erschaffen, dies geschieht am 4. Tag:
Als erstes Schöpfungswerk erfolgt in Gen 1,3-5 die Benennung von Licht und Finsternis als Tag und Nacht. Erschaffen wird hier der 24-Stunden-Tag, bestehend aus heller und dunkler Phase mit den beiden Anfangspunkten Abend und Morgen. Erschaffen wird als erstes Schöpfungswerk Gottes also die Zeit. Die abschließende Tagesformel lautet hier bezeichnender Weise auch nicht "erster Tag", sondern "ein Tag". Die Tagesformel in Gen 1,1 - 2,4a strukturiert die gesamte Schöpfung als Folge von 7 Tagen im Rhythmus 6 + 1. Das Schöpfungswerk Gottes endet am 6. Tag dann mit der Formel: "der sechste Tag." Nach dem 7. Tag findet sich die abschließende Tagesformel nicht mehr. Fazit: In Gen 1,1 - 2,4a ist nach der Erschaffung der Zeit am ersten Tag der Rhythmus der Woche mit 6 + 1 als eine "Naturordnung" gesehen, der Gott selbst bei seinem Schöpfungswerk unterliegt. |
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Israel erfährt die verborgene Naturordnung der 7-Tage-WocheDiese "Naturordnung" der 7-Tage-Woche ist jedoch aus der Natur nicht zu erkennen, sie ist auch nicht logisch zu begründen und ist damit im strengen Sinn kein "Naturrecht", sondern entstammt der besonderen und einmaligen Erfahrung, die Israel in seiner Geschichte mit Gott gemacht hat. Im Buch Genesis begegnet uns der Wochenrhythmus (6 + 1) angefangen bei den Patriarchenerzählungen bis hin zu Mose und den Israeliten in Ägypten nirgendwo. Er war offensichtlich noch unbekannt. In Ex 16,13-36 erstmals wird deutlich gemacht, dass der siebte Tag der Woche etwas Besonderes ist: Dies erfahren die Israeliten durch das Manna-Wunder. Gott ernährt sein Volk auf dem Zug durch die Wüste auf seine eigene Weise und in seinem eigenen Rhythmus. Jeder bekommt unabhängig von Arbeitsaufwand und Fähigkeiten so viel, wie er braucht. Jeden Tag sollen sie Manna sammeln. Doch am sechsten Tag ist das Gesammelte doppelt so viel wie an den anderen Tagen. Am siebten Tag gibt es kein Manna und das ansonsten nicht über den Tag haltbare Manna hält am sechsten Tag zwei Tage lang.
Das Volk verspürt die Gottesnähe, die sich mit dem
siebten Tag verbindet. Mitten in der Wüste, noch weit vom Sinai, dem
Ort Gottes entfernt, erscheint den Israeliten die Herrlichkeit ("kawod")
Gottes, seine intensive Gegenwart. Das rätselhafte Wundergeschehen erhält am Sinai
dann seine Erklärung. Durch göttliche Offenbarung direkt an das Volk
bekommt Israel einen Einblick in die "verborgene Naturordnung"
der Zeit und soll sich selbst in diese göttliche Ordnung
einfügen. Dazu
kommt eine neue Sicht von Arbeit und Ruhe: Gen 1,1 - 2,4a (Erschaffung der Welt), Ex 16,13 - 36 (Mannawunder), Dtn 5,12 und Ex 20,8 (Dekalog) sowie Ex 31,13 ff gehören inhaltlich zusammen. Die dortigen Inhalte wurden wohl in besonderer Weise den Israeliten während des Babylonischen Exils von den Priestern nahegebracht. Es sollte bewusst gemacht werden, dass die Einhaltung des Sabbat sogar im fremden Land in die unmittelbare Gegenwart und die unübertreffbare Nähe Gottes führt. Das Gebot, den Sabbat zu halten, wie es dann in Ex 20,8 f und besonders 31,13 ff später seinen schriftlichen Niederschlag fand, ist in seiner Intention eindeutig: Im Sabbat erscheint die "Herrlichkeit" (kawod) Gottes, er dient dem Leben und ermöglicht, Gott nahe zu sein. |
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Die Konzeption der priesterschriftlichen AutorenDie Konzeption der priesterschriftlichen Autoren hat
die gesamte Menschheit bestimmt. Die gesamte Menschheit lebt die
Zeitstruktur der Woche, seit Jahrtausenden wird sie in unterschiedlichen
Kulturen und Religionen, sozialen Ordnungen und politischen Systemen
praktiziert und hat sich trotz mancher Krisen immer wieder bewährt. Innerhalb der Struktur der Sieben-Tage-Woche gab es freilich Änderungen im Rhythmus:
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