Biblische Grundlagen

Die Bergpredigt (Mt 5,1 - 7,29)

Die sogenannte "Bergpredigt" (besser "Berglehre") steht im Mattäusevangelium (Kap. 5 - 7). Die Inhalte dieses Textes gehen im Wesentlichen auf den historischen Jesus zurück und sind "ipsissima verba" Jesu. Die Komposition der ursprünglich wohl isolierten Aussprüche Jesu stammt jedoch von Mattäus, einem uns nicht näher bekannten griechischsprachigen Judenchristen. Dieser hat sein Evangelium um 80 n. Chr. geschrieben. Er arbeitete hierbei Überlieferungen ein, die sich auch bei Lukas finden. Man nimmt an, dass es sich dabei um eine ihm vorliegende (schriftliche) Sammlung von Jesusworten (Logien) handelt, die man in der Exegese als Logienquelle (Q) oder auch als Spruchquelle oder Spruch - Evangelium bezeichnet. Diese ist uns jedoch nicht erhalten.

 

Die Feldrede (Lk 6,20 - 49)

Lukas, der sein Evangelium (Lk)  ebenfalls wohl um 80 n. Chr. geschrieben hat, bietet zur "Berglehre" des Mattäus einige Parallelen, unter anderem in Lk 6,20-49, der viel kürzeren so genannten "Feldrede". Andere Worte Jesu, die uns aus der Bergpredigt des Mattäus bekannt sind, finden sich zwar auch bei Lukas, aber verstreut an anderen Stellen seines Evangeliums.
Nachdem in den ersten christlichen Gemeinden bereits einige Sammlungen der Worte und Taten Jesu im Umlauf waren, begann der gebildete Schriftsteller Lukas, einen "Bericht über all das abzufassen, was sich bei uns ereignet hat" (Lk 1,1). Er versteht sich aber nicht als "Historiker" im modernen Sinn. Es geht ihm vor allem um die "Zuverlässigkeit der Lehre" und die Gewissheit des Glaubens. Mit hoher Einfühlsamkeit für Arme und Benachteiligte schildert er seiner heidenchristlichen Gemeinde den von Gottes Plan vorgezeichneten Weg Jesu.

 

Bergpredigt und Feldrede im synoptischen Vergleich

Mt stellt die "Bergpredigt" als eine Art Thronrede oder urchristlichen Katechismus an den Beginn des öffentlichen Lebens Jesu im Sinne einer endgültigen und vollkommenen Verkündigung des Gotteswillens. Als eine Zusammenstellung urchristlicher Lehre enthält sie Zuspruch, Weisungen, Ermahnungen, Gleichnisse und eine Anleitung zum Beten. Vielleicht war die Bergpredigt für die Unterweisung von Judenchristen bestimmt; wohl deshalb spielt die Auseinandersetzung mit der Tora eine so wichtige Rolle.
Lk bringt Inhalte der Bergpredigt in verkürzter Form als Feldrede, während Mk sie auslässt. Das von Mt in seiner "Bergpredigt" über die Inhalte der "Feldrede" des Lk hinaus Gesagte kann man bei Lk im so genannten Reisebericht (9,51 - 18,14) finden. Lk streicht dabei gewöhnlich, was für seine (nicht-jüdischen) Leser belanglos ist. (Aus demselben Grund scheint Mk die Bergpredigt ganz wegzulassen.) 
Der Vergleich der Seligpreisungen z.B. in Mt 5,3 - 11 und Lk 6,20 - 26 zeigt bei Lukas einen radikalen Jesus, der im Namen Gottes für die Armen und Entrechteten eintritt. So bringt Lk lediglich 3 Seligpreisungen und schließt daran 4 "Weherufe" an. Dagegen stellt Mattäus Jesus als religiösen Weisheitslehrer dar (9 Seligpreisungen ohne "Weherufe"). Die Evangelien zeigen also wohl auch unterschiedliche Züge des historischen Jesus auf.

 

Die (rekonstruierten) Parallelen zur Bergpredigt in der Logienquelle (Q)

Der Vorstellung von einer Logienquelle / Spruchquelle (Q) liegt die Zweiquellentheorie zugrunde, wonach die Evangelisten Mattäus und Lukas bei der Abfassung ihrer Evangelien zwei Hauptvorlagen hatten: das Markusevangelium und ein weiteres, schon früh verlorengegangenes Dokument, nämlich die Logienquelle. Der Originaltext dieser Logienquelle muss aus dem Mt und Lk rekonstruiert werden. Matthäus und Lukas haben jedoch Q nicht sklavisch übernommen. Sie haben den Text von Q bearbeitet, haben umformuliert und umgestellt, ergänzt und ausgelassen. Daher bleibt jede Rekonstruktion von Q mit Unsicherheiten behaftet und weist unterschiedliche Grade an Wahrscheinlichkeit auf.
Der Aufgabe, die Quelle Q zu rekonstruieren, haben sich Forscher seit dem Beginn des vorigen Jahrhunderts verschrieben. James M. Robinson und John Kloppenborg Verbin gründeten 1989 dann das Internationale Q-Projekt (IQP), um eine detailliert begründete Standardrekonstruktion des Spruchevangeliums herzustellen. Rund 40 Experten aus der ganzen Welt bildeten zuletzt 1992 ein Team, das eine möglichst zuverlässige Rekonstruktion des Textes erstellen wollte. In den Jahren 1990 bis 1995 und 1997 wurde in der Zeitschrift Journal of Biblical literature vom IQP der rekonstruierte griechische Text veröffentlicht. Seither wird an einer "kritischen Ausgabe" des griechischen Textes von Q gearbeitet. Dr. Thomas Hieke hat auf der Basis dieser Veröffentlichungen eine Übersetzung des griechischen Textes angefertigt (abgedruckt in: Bibel und Kirche. 54. Jahrgang. 2. Quartal 2/1999. Seite I - XXII)

 

Der Aufbau der Bergpredigt

Mit dem, was die beiden Evangelisten Lukas und Mattäus in ihrer Quelle an Jesusüberlieferungen vorfanden, gehen beide ganz unterschiedlich um und gestalten den ihnen vorliegenden Stoff je nach ihren Erfordernissen bzw. denen ihrer Gemeinden. Aus der redaktionellen Gestaltung durch Mattäus lassen sich Schlüsse ziehen auf die besonderen Aussageabsichten der Evangelisten. 
Lk beispielsweise lässt infolge seines nicht-jüdischen Hörerkreises die Polemik gegen die Pharisäer, die Sprüche über das jüdische Gesetz, über falsche Propheten usw. weg. Andererseits fügt er gegenüber Mt den Seligpreisungen das vierfache "Wehe" hinzu. Seine Darstellung richtet sich an ein breiteres Publikum: Bei ihm spricht Jesus nicht nur für die Scharen, die ihm folgen, sondern auch für die Ungläubigen und Gleichgültigen. 

 

Die Adressaten der Predigt Jesu

Zu den Zuhörern Jesu gehörten wohl Juden und Nichtjuden. Die Seligpreisungen dürften teils provoziert, teils getröstet haben.

 

Teste dein Wissen

zurück zu
Homepage             Startseite SchäferStündchen            Titelseite Bergpredigt